Nina Trobisch

Transrationales Arbeiten - Die Kunst der Veränderung

Ästhetik und Kunst als Stütze unternehmerischer Veränderungsprozesse

Transrationale Grenzgänge

Die  komplexen Spannungsfelder, denen Unternehmen und die Menschen in ihnen ausgesetzt sind, verweigern sich einem linearen Wahrnehmungsverhalten. In ihnen lagern Unbestimmtheitszonen oder Möglichkeitsräume, wo Menschen immer wieder neu urteilen und entscheiden können/ müssen. Sie erfordern eine besondere Qualität an Handlungsfähigkeit, die möglich wird durch eine erweiterte Erkenntnisform mit Hilfe von Intuition, Sinnlichkeit und Emotion. Diesen Zuwachs umschreiben wir mit transrational. Die transrationale Arbeitsweise wendet sich den schöpferischen Seiten des Menschen zu. Sie realisiert sich nicht mit Strichlisten und Formblättern, sie erfordert auch kein teures Design oder extremes Outdoortraining. Was sie allerdings braucht: Menschen, die sich ganzheitlich einbringen können und wollen.

Besonders an der transrationalen Arbeitsweise ist, wie sie das Ästhetische, das Analytische und das Performative miteinander verknüpft. Wenn wir hier von Ästhetik sprechen, orientieren wir uns weniger an der Theorie der Schönheit, Ganzheit und Harmonie, vielmehr an der Ästhetik als Theorie sinnlicher Wahrnehmung: Ästhetisieren heißt wahrnehmbar und fühlbar machen.

DAS ÄSTHETISCHE lässt ein fortwährendes Wechselspiel unserer Wahrnehmung auf unterschiedlichen Ebenen zu. Wir folgen der Idee, dass Ästhetik suchendes Verhalten stützt und uns für die Erkundung von Unschärfe und Unbestimmtheit Mittel in die Hand gibt, dem eigenen Verhaltens auf die Spur zu kommen. Auf diese Weise hilft Ästhetik, die hinter Erlebnissen und Tatsachen liegenden Zusammenhänge, Glaubenssätze und sich selbst als Teil des Geschehens zu erfahren. 

DAS ANALYTISCHE verschafft uns Menschen Zugang zu den Fakten, den empirischen Daten. Jedoch stehen sie für sich genommen erst einmal allein, lassen die Welt in einzelne Details zerfallen. Sie zeigen etwas auf, sie erklären nicht.

IM PERFORMATIVEN, als schöpferisches Tun infolge von ästhetischen Impulsen und analytischen Erkenntnissen, äußert sich die transformative Kraft der Beteiligten. Kreativität entfaltet sich nicht im Sprechen über das Kreativsein, sondern im Kreativsein. Veränderung müssen wir erspüren und erleben, um sie zu verankern.

Künstlerische und ästhetische Arbeitsweisen lassen sinnliche Erfahrungen zu und sprechen die Beteiligten in ihrem ganzleiblichen Zusammenspiel, d.h. in ihrer Emotionalität, ihrem Körper und ihrem Verstand an. Sie sind frei von einengenden Richtig-falsch-Beurteilungsschemata. Praktiken aus Theater, Musik, Bildende Kunst ect. sind Mittel, um verborgenen Chancen aus den kulturellen Zwischenräumen der Organisation und den ungenutzten Quellen der Individuen mit Leben zu füllen. Sie basieren auf den Sinnen, verbinden intuitives mit reflektorischem Denken und agieren in der Offenheit des schöpferischen Prozesses. Sie machen das Transrationale sichtbar, hörbar, spürbar. Dabei kann je nach Bedarf auf den Reichtum künstlerisch-ästhetischer Methoden wie Darstellende Kommunikation, Storytelling, Creative-Writing, Improvisation, musikalische Arbeiten, Arbeit mit Alltagsmaterialien, formgebende und bildkünstlerische Elemente etc. auf. Der gestaltende Modus entspricht dem Bedürfnis von Menschen, enge Bezüge zwischen der (Veränderungs-) Arbeit und dem eigenen Denken, Fühlen, Erleben herzustellen.

Der Mensch, das Team, das Unternehmen werden so nicht nur funktional wahrgenommen, sondern als kulturelle Wesen voll Vitalität und Inspiration abgeholt. Neben ungewohnten Perspektiven auf einen Gegenstand äußert sich ein Vorteil der künstlerischen Praxis darin, für eigene Wahrnehmungen einen Ausdruck zu finden, dessen Kraft zu spüren und von den Anderen zu erfahren, welchen Eindruck er macht. Oder im Flow der Ko-Kreation gemeinsam Neues entstehen zu lassen. Der Mensch erlebt sich ganzheitlich.

Transrationale Arbeitsweisen vollziehen wir prototypisch in folgender Schrittfolge:

  • Künstlerischer Impuls als Inspiration für die Auseinandersetzung
  • Exemplarisches Agieren im offenen Prozess des Erkundens und Erprobens
  • Ganzheitliche Reflexion der Erfahrung im Denken, Spüren und Begreifen von Werk und Prozess
  • Implementierung in den praktischen Kontext des Arbeitszusammenhangs

Nina Trobisch wird transrationale Arbeitsweisen in einem Workshop bei BEYOND STORYTELLING vorstellen.

Wir kommen vom Denken und gehen ins Handeln – Das Heldenprinzip im Wendepunkt #37

In der aktuellen Ausgabe des Wendepunkts (Wendepunkt #37, herausgegeben vom Verband für Film- und Fernsehdramaturgie e.V.) finden sich eine Reihe spannender Beiträge.

Arno Aschauer hat uns auf zwei besonders interessante Artikel hingewiesen:

Systemische Dramaturgie

Roland Zag beschreibt in seinem Beitrag die Grundzüge einer "Systemischen Dramaturgie". Eine Dramaturgie und Erzählweise, die auf die komplexen Verstrickungen einer zunehmend verbundenen, in komplexen Systembezügen verstrickten Welt reagiert:

Die geeignete Metapher ist das Pilzmyzel mit seinen unterirdischen Verbindungen, die viel weiter reichen, als wir von außen erkennen können. Pilze schießen zwar nach einem bestimmten Zufallsprinzip aus dem Boden, sind aber unterirdisch verbunden. In der systemischen Dramaturgie geht es also um die Auseinandersetzung mit überpersönlichen Gebilden, die sich dem direkten Blick des Zuschauers bzw. der Hauptfiguren entziehen. (S. 10)

Der Unterschied zwischen dieser entstehenden Erzählform und einem "klassischen" Erzählen besteht in der Möglichkeit der Protagonisten auf die Lösung eines Problems einzuwirken. Während die "systemische Dramaturgie" die Trägheit der Systeme und die Ohnmacht der Protagonisten gegenüber diesen Systemen in den Mittelpunkt stellt, gehen "klassische" Erzählformen davon aus,

dass sich spezifische Problemstellungen mehr oder weniger komplett aus der Welt schaffen lassen, wenn man nur richtig kooperiert. [...] Systemische Dramaturgie verzichtet auf solche Lösungen. Einfache Gegensätze verschwinden zugunsten einer immer undurchdringlicheren Verflechtung. Ethische Haltungen schwanken oder lösen sich auf; wirkliche Erfolge im Kampf gegen die höheren Mächte sind immer nur zum Teil oder zum Schein möglich (S. 11).

Ein spannender Artikel und der Verweis auf einen Ausbau dieser Überlegungen in den kommenden Ausgaben macht neugierig.

Wir kommen vom Denken und gehen ins Handeln

In einer kurzen Nachlese zum "Kreativlabor Heldenprinzip" berichten Jenny Alten und Nina Trobisch wie künstlerische Methoden und die Dramaturgie des Heldenprinzips genutzt werden können um kreative Impulse zu setzen.

In einem Kreativlabor begegneten die Teilnehmer mit künstlerischen Arbeitsweisen der Fragestellung: Was brauchen wir Dramaturgen für einen gelingenden Veränderungsprozess? In nur eineinhalb Stunden entstanden aus diesem Denkimpuls und zur Verfügung gestelltem Material (Bücher, Seile, Klebeband) in kleinen Gruppen spontan assoziative Artefakte; völlig unvorhersehbar und extrem verschieden. Die Teilnehmer fanden durch die hergestellten Artefakte im Transfer intuitiv zu Denkanstößen und Lösungsansätzen. Auch sie selbst waren überrascht, dass ganz spielerisch und leicht vielfältige Ergebnisse aus dem schöpferischen Prozess aufsteigen und in der anschließenden Reflexion Bedeutung gewinnen. Aus den Artefakten wurden Gedanken und Assoziationen generiert, die ein weiteres Nachdenken über die Arbeit mit der Heldenreise im Film anregen (S. 19).

Dieses Zitat gibt einen guten Eindruck vom Arbeiten im Rahmen des Heldenprinzips. Wir freuen uns auf den Workshop mit Nina Trobisch bei BEYONDSTORYTELLING:

Die genannten Artikel (wie auch das ganze Heft) lassen sich hier downloaden.

Struktur und Dramaturgie in Veränderungsprozessen: Das Heldenprinzip®

Veränderung verläuft seit Jahrhunderten und in allen Kulturen nach einem Grundmuster: Menschen, Teams oder ganzen Organisation brechen aus der gewohnten Lebenswelt in die Unwägbarkeiten des Unbekannten auf und reifen auf diesem risikoreichen Weg zum Meister der Veränderung. Diese dramatische Schrittfolge ist Im kollektiven Gedächtnis bildhaft als Heldenreise verwurzelt. Zu finden ist es weltweit in Mythen, Märchen, Filmen, Games ect.

Wir haben diesen mythologischen Weg des Helden, wie er über Generationen vervielfältigt und in der Kunst verdichtet wurde für die heutige Realität als Grundstruktur der Veränderung transferiert. Sie in der Gegenwart zu nutzen heißt, inneren und äußeren Dynamiken von Veränderung besser verstehen, klarer zu reflektieren und ganzheitlicher gestalten zu können.

Der Workshop soll einen Eindruck vermitteln von der universellen Veränderungsdramaturgie Heldenprinzip®, ihren Anwendungskontexten und ästhetisch- künstlerischen Methoden, die einen schöpferischen Zugang zu Veränderung öffnen.